21.03.2013 Re: 17.03.2013 Alle reden über das Wetter-aber nicht nur.

Heinz Eggert

auch in der Sächsische Zeitung  21.03.2013

Lokalausgabe Zittau 

Interview mit  Thomas Mielke lesen.

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Herr Eggert, Sie haben sich in der Morgenpost auf die Seite der Centerkritiker geschlagen. Warum?
Ich habe mich auf keine Seite geschlagen. Ich denke selbst.
Für mich sind zwei Dinge ausschlaggebend:
Haben wir in der Region die nötige Kaufkraft? Und: Wie entwickelt sich das Kaufverhalten der Menschen, die hier leben?
Wie entwickeln sich denn Kaufkraft und -verhalten Ihrer Meinung nach?
Die Kaufkraft wird aufgrund der Lohn- und Rentenentwicklung niedriger. Das gilt übrigens für alle drei Regionen im Dreiländereck. Dazu kommt, dass überdurchschnittlich viele ältere Menschen in Rente gehen und weiterhin viele junge die Region verlassen werden.Aber- jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden.
Die es sich leisten können, fahren nach Dresden oder Berlin zum Einkaufen.
Das heißt: Es gibt einen Einkaufstourismus aus der Region heraus, aber nicht hinein.
Außerdem wird sich das Kaufverhalten stärker auf das Internet ausrichten, in dem qualitativ hochwertige Waren zu Preisen angeboten werden, bei denen Einzelhändler nicht mithalten können.
Dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, ist tatsächlich unstrittig. Was aber spricht dagegen, dass er künftig statt in Berlin und Dresden in Zittau ausgegeben wird?
Dazu müsste man eine genaue Erhebung machen, wofür das Geld in Berlin und Dresden ausgegeben wird und ob diese Waren in Zittau angeboten werden könnten. Aber schon jetzt müsste doch nachdenklich stimmen, dass große Ketten in Zittau keine Läden eröffnen, weil sie errechnet haben, dass diese den Umsatz nicht bringen.
Die Wirkungsanalyse zum Center besagt, dass es tatsächlich eine Kaufkraftverschiebung zuungunsten der etablierten Einzelhändler geben wird. Sie sagt aber auch, dass ein Drittel des Center-Umsatzes aus anderen Städten zurückgeholt wird. Glauben Sie das nicht?Milchmädchenrechnung: Etliche kaufen Waren, die auch im Center in Zittau nie angeboten werden. Andere verbinden mit der Einkaufstour nach Berlin oder Dresden einen Event: Essengehen, Stadtbummel, Kultur.
Diesen Erlebnistourismus kann Zittau nur durch einen Center nie bieten
Außerdem haben etliche, die bisher woanders kauften, das Internet für sich entdeckt .
Diese Einnahmen sind schon jetzt für Händler in Berlin, Dresden und Zittau verloren.
Zudem gehe ich nicht von 2013 aus, sondern von der Entwicklung in den nächsten 20 Jahren.
Aus diesen Überlegungen heraus kann das Center kein Erfolgsmodell sein.
In der Wirkungsanalyse steht auch, dass der Handelsstandort Zittau noch stärker schwächelt, wenn das Center nicht kommt. Ist das gelogen?Ich sehe den Zusammenhang nicht. Es gibt in Zittau Geschäfte, die hochpreisige Waren anbieten und sich gehalten haben. Wenn das gleiche Angebot auch im Center angeboten wird , würde es zu einer Teilung der Kaufkraft kommen. Das werden nicht alle Innenstadthändler überleben.

Kein Trost, wenn die Konkurrenz dann- wie in Meißen oder in Liberec – nach dem Auslaufen der ersten Mietpreisbindung aufgibt und wieder aus dem Center rausgeht.

Dann hätten wir ein doppeltes Geschäftesterben. Man muss sich doch nur mal die Belegung des Salzhauses ansehen.

Der Investor wird sich das doch auch überlegt und Berechnungen angestellt haben oder glauben Sie, dass er sich freiwillig ein über 20 Millionen Euro teures Grab schaufelt?

Diese Entscheidung muss man in der Tat dem Investor überlassen.
Die Frage aber, wie die Neustadt bebaut wird, muss der Stadtrat beantworten.

Was ist so schlimm an den Plänen für die Bebauung?

Mein Eindruck ist, dass viele den Einkaufscenter befürworten um mit der Lückenbebauung die fantasielose Stadtplanung zu überdecken. Hauptsache weg mit dem Schandfleck!
Mir geht aber es um die Kaufkraft und das Kaufverhalten.
Die stimmen für mich nicht – obwohl es für mich und die Region sehr schön wäre, wenn ich nicht recht hätte.

Nehmen wir an, Sie hätten recht. Was wäre die Alternative zum geplanten Einkaufscenter?

Die in der Diskussion um das Center steckende Zeit und Kraft sollte in die Diskussion umgelenkt werden, wie man mehr Touristen in die traumhafte Zittauer Innenstadt bekommt und diese belebt. Manche glauben, dass die Innenstadt schon lebt, nur weil Autos durchfahren .

Die Stadt Zittau ist keine reiche Stadt mehr. Aber sie ist ein Schatz, der gut bewahrt und verantwortlich weiter entwickelt werden muss.

Schließen sich das Center und der Tourismus aus?

Wenn die Grundlagen stimmen: Nein.
Aber sie stimmen nicht.

Heinz Eggert


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