Greifvogelwarte Oberlausitz Lawalde

14.05.2016 Flugshow

Pfingstsonnabend mit einem Ausflug in’s Zittauer Gebirge  Greifvogelwarte Oberlausitz aus Lawalde stellte auf der Naturbühne Oybin ihre vor. [Zeige eine Slideshow] More »

1 2 . Oberlausitzer Fuhrmannstag

Oberlausitzer Fuhrmannstag Kemnitz Löbau/Sa 2016

-12. Oberlausitzer Fuhrmannstag-Kemnitz am 08.05.2016 Veranstalter: Reit-und Fahrverein Kemnitz e.V. / Bergquellbrauerei LöbauGmbH Prüfungen: 1.Dressurwettbewerb zu ZweitFahren einer Dressuraufgabe parallel mit einem 2. Gespann Placierung nach Wertnote Abt. A:Einspänner Abt. B: Zweispänner More »

Kettensägenschnitzertreffen In Eibau 2016

Kettensägenschnitzertreffen In Eibau 2016 (Beckenbergbaude)

Berggasthof Beckenbergbaude Eibau. buntes Markttreiben mit Händlern und Handwerkern der Region Kettensägen-Künstler aus 12 Nationen (u. a. Kanada, Schweden, Russland…) Teilnahme des amtierenden Weltmeisters und amtierenden Deutschen Meisters im Speedcarving More »

SPECTACULUM CITAVIAE XVIII Zittau 2016

SPECTACULUM CITAVIAE XVIII Zittau 2016

„Paradiesisches Zittau“  war das Motto des Spectaculums 2016. Es sollte zum einen wieder eine Liebeserklärung an die Stadt und spielt zum anderen auf die außergewöhnliche Geschichte des einzig bekannten Entwurfs einer weltlichen More »

Heinz Eggert

Rentenwünsche

Immer wenn ich auf dem Neustädter Bahnhof noch etwas Zeit habe, trinke ich bei ihr  am Kiosk einen Kaffee. Ich kenne sie schon seit Jahren. Eine ältere etwas füllige Frau, die immer freundlich More »

Tag Archives: Heinz Eggert

Rentenwünsche

Heinz Eggert

Immer wenn ich auf dem Neustädter Bahnhof noch etwas Zeit habe, trinke ich bei ihr  am Kiosk einen Kaffee.

Ich kenne sie schon seit Jahren.

Eine ältere etwas füllige Frau, die immer freundlich und schnell bedient .

Zeit zum Plausch ist auch immer.

Dieses Mal fragt sie mich, ob das Rentenkonzept so durchgehen wird.

Wahrscheinlich und leider, sage ich, denn es wird für alle sehr teuer werden.

Das beeindruckt sie nicht sehr.

Sie hält dagegen, das  in der Politik immer genug Geld verschleudert wird, worüber sich kaum jemand aufregt.

Sie wird im Herbst 63 Jahre alt, habe dann 45 Arbeitsjahre hinter sich-die nie einfach waren- und werde dann Rente beantragen.

Ich möchte mein Leben auch noch etwas genießen, sagt sie und fügt hinzu, dass ihre Freundin gerade mit 66 Jahren gestorben sei.

Dagegen gibt es kein Argument.

Außerdem sieht sie mich so entschlossen an, dass ich mir alle volkswirtschaftlichen Argumente dagegen verkneife.

Zumindest sage ich ihr das.

Aber, sage ich dann, was ihre Kinder wohl dazu sagen werden, wenn die Rentenbeiträge steigen und es später schmerzhafte Rentenreformen geben muss, die sie benachteiligen.

Sie durchschaut mich und lacht.

Ich glaube mein Sohn hat die gleichen Bedenken wie Sie, aber er ermuntert mich dazu und freut sich für mich, weil er weiß, wie schwer ich gearbeitet habe.

Mutter, sagt er, mach noch etwas aus deinem Leben !

Schau an, denke ich, auch Irrationales wird akzeptiert, wenn sich ein momentaner Vorteil

ergibt. Da gibt es zwischen Wählern und Politikern keinen Unterschied.

Da mein Zug gleich fährt ,verabschiede ich mich.

Drücken Sie mir die Daumen, dass die Rentenreform durchkommt, sagt sie lächelnd zum Abschied.

Dann bricht er mir, grinse ich zurück.

Charmant setzt sie dagegen, ich solle doch einfach einmal an sie denken.

Dazu habe ich während der Zugfahrt, durch die verschneite Schneelandschaft, auch genug Zeit.

45 Arbeitsjahre sind ja eine lange Zeit. Wer hat die schon?

Und wer sie hat, gehörte ganz bestimmt nicht zu den oberen Gehaltsklassen.

Immerhin haben sie schon zehn Jahre lang gearbeitet und in die Kassen eingezahlt, während sich mancher Student mit 28 Jahren, noch einmal vorgenommen hat zur Selbstverwirklichung noch ein neues Studium aufzunehmen.

Das meine ich jetzt ein wenig ironisch, aber wer über längere Arbeitsjahre nachdenkt, der muss auch über kürzere Ausbildungszeiten nachdenken, damit eher in das Rentensystem eingezahlt werden kann.

Jetzt wird das Leistungsvermögen der Älteren entdeckt, weil man sie braucht.

Aber was haben denn die Arbeitgeber getan um die Leistungspotenziale  durch das Erwerbsleben hindurch so  zu fördern ,das  Risikofaktoren reduziert werden und die Leistungsfähigkeit auch im Alter erhalten bleibt ?

Ich bin im Großen gegen die Rente mit 63, aber der arbeitsamen Frau gönne ich sie.

Irrational !

Oder?

       Heinz Eggert

Langer Jahresvorblick

Heinz Eggert

Dieses Weihnachten war für uns außergewöhnlich.

Denn in unsere Weihnachtsstube, die mit ihren Pyramiden und dem Engelberg unseren Kindern von klein auf an vertraut ist, kamen auch unsere fünf Enkel.

Wobei drei noch getragen wurden, weil sie erst im letzten Sommer geboren wurden.

 

Aber das war gleich, denn der Schein der Weihnachtskerzen spiegelte sich in allen Augen wieder.

Für mich war das größte Geschenk, dabei zu sein.

 

Jetzt ist Weihnachten vorbei, alles rüstet sich für den Jahreswechsel, Jahresrückblicke und Jahresvorschauen  wechseln sich ab.

 

Als ich geboren wurde lag die Welt meine Eltern noch in Trümmern.

Nicht nur die Bauten sondern auch die Psyche.

Ich hatte es schon besser.

Ich brauchte nicht zu hungern und Krieg habe ich nicht erleben müssen. Gott sei Dank!

Für unsere Kinder sind die Zeiten noch  anders.

 

Größere demokratische Freiheiten-für mich zu DDR Zeiten nur vorstellbar aber nicht erlebbar -aber auch mehr Eigenverantwortung für sich und die Gesellschaft.

Sie müssen wissen, wenn es nicht gute Chancen für alle gibt, bleibt eine Gesellschaft chancenlos.

 

Unsere im Sommer geborenen Enkelkinder könnten zur nächsten Jahrhundertwende 87 Jahre alt sein.

Dann bin ich nicht mehr da.

Aber das ist die einzige Gewissheit, bei allem was sie dann erleben werden und durchstehen müssen.

Bei allen guten Wünschen für sie, bleibt ihre Zukunft für mich natürlich ein Geheimnis.

 

Aber vielleicht können wir Ihnen die richtige Reihenfolge in der Sichtweise des Lebens vermitteln.

So wie ist es dieser Rabbi tat, zu dem ein Jude kam und sagte:

„Es ist entsetzlich.  Gehst Du zu einem Armen: Er ist freundlich und hilft dir, wenn er kann.
Gehst du zu einem Reichen, sieht er dich nicht einmal.
Was ist das nur für ein Geheimnis dem Geld?“ 

Da antwortet der Rabbi: „Tritt ans Fenster. Was siehst du?“
„Ich sehe eine Frau mit einem Kind. Ich sehe einen Wagen…“

„Gut“, sagte der Rabbi, „und jetzt stell dich hier vor den Spiegel!
Was siehst du nun?“
„Was werde ich sehen? Klar– mich selber.“
„Ja so ist das. Das Fenster ist aus Glas gemacht, und der Spiegel ist auch aus Glas gemacht.

Kaum legst du ein bisschen Silber hinter die Oberfläche – schon siehst du nur noch dich selber.“

 

Jetzt klopft gerade mein dreijähriger Enkel, der weiß, dass seine Botschaft wichtig sein muss, wenn er den  Opa beim Schreiben stören will.

Opa, ich habe ein Geheimnis, sagt er ganz aufgeregt.

Ich auch, erwidere ich.

 

Er wird diese Geschichte noch nicht verstehen.

Aber vom späteren Begreifen wird auch seine Zukunft abhängen.

Unsere übrigens auch.

 

Oder?

 

       Heinz Eggert

                    Staatsminister a.D

 

Präsident der Fernseh Akademie

Mitteldeutschland e.V.

 Academy for Television and Broadcasting Central Germany

         

             02797 Kurort Oybin

07.10.2013 …das heute der 64. Jahrestag der DDR wäre

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07. Oktober 1989!

40. Staatsfeiertag der DDR.

In der Oybiner Bergkirche feierten wir Erntedank.

Auf der Einladung war vermerkt: Damit wir an diesem Tag auch etwas zu feiern haben.

Das weiß ich nach 20 Jahren noch deshalb so genau, weil ich den Text und die Plakate in meinen Staatssicherheitsakten wiedergefunden habe.

Der Trompeter aus Cottbus kam eine Stunde zu spät zum Konzert: vier Mal Polizeisperren an der Grenzstraße zu Polen, vier Mal musste er seine Instrumentenetuis öffnen. Wirklich nur Trompeten.

Nach dem Konzert sprach mich ein Ehepaar an. Sie hatten Tränen in den Augen.

Der Junge sei mit Freunden verschwunden. Richtung Ungarn. Ein Zettel: Wir rufen euch aus dem Westen an.

Der andere Sohn war in Berlin bei den Grenztruppen. Urlaubssperre.

Abends war ich fassungslos. Vor dem Fernseher. Jubelnd ziehen Massen in Berlin am Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzenden der DDR und Vorsitzenden des Verteidigungsrates usw. vorbei. Später würden die Marschierer sagen, ihre geballten Fäuste in Richtung Tribüne waren ihr Protest. Die lachenden Gesichter waren nur Tarnung. Warum durfte ich erst 1990 erfahren, unter lauter Widerstandskämpfern gelebt zu haben?

Sie hatten sich wirklich gut getarnt.

Im Palast der Republik – auch respektlos Erichs Lampenladen – genannt, moderierte Carmen Nebel charmant die angemessene Trauerveranstaltung zur freudigen Polit-Geburtstagsfeier um. Die dort auftretenden Künstler murmelten später etwas über Zwang, die leider vorher erkrankten über Widerstand.

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Gorbatschow äußerte sich in Berlin sybillinisch über die Entwicklung in der DDR. Was er nicht wusste: in wenigen Monaten würde sein Imperium zusammenstürzen.

 

08. Oktober 1989. Unser Sohn kam von einer Schulveranstaltung aus dem Pionierlager zurück.

Wir wussten nicht – woher auch – dass es ein Internierungslager werden sollte. Dass wir auch auf der Liste standen.

Seine Frage: Wisst ihr schon, dass die NVA an der Grenze steht?

Er meinte unsere Grenze. Wir wohnten 130 m von der tschechischen Grenze entfernt. Ich machte einen Erkundungsspaziergang. Kinderwagen lagen in den Gebüschen.

Sie hinderten bei der Flucht.

Familien versuchten illegal über die tschechische Grenze nach Ungarn zu kommen. Rostocker, Berliner – Sachsen sowieso.

Nachbarn, aufmerksame Grenzhelfer, informierten ihre zuständigen Dienststellen. Ihr Kommentar später: Weißt du, sonst wäre ich dran gewesen.

Ich weiß.

Aber jetzt waren erst einmal die Ertappten dran.

Die Flüchtigen wurden auf LKWs verladen.

Männer, Frauen und Kinder.

Ins Gefängnis.

Warum blieben sie nicht? Die Wende kam doch. Haben wir doch alle gewusst. Oder?

Ich ging weiter bis an die Grenze. Im doppelten Sinn. Zwei junge Soldaten, mit MPI bewaffnet: Bürger Ihren Personalausweis!

Ich sagte: Ich bin der Ortspfarrer, ich trage meinen Ausweis nie dabei, wenn ich durch den Ort gehe.

Entschuldigen Sie, sagt der Eine, das haben wir nicht gewusst. Sie sind aber verpflichtet, sagte der Andere matt.

Die sollen erst einmal in Berlin ihre Pflicht tun, sagte ich.

Sie nickten.

Am liebsten hätten sie ihre Knarre an einen der umweltgeschädigten Bäume gehängt und wären in Richtung Ungarn hinterhergelaufen.

Vielleicht, sagte ich zu meiner Frau, hält sich das hier nicht mehr lange.

Vielleicht?

       Heinz Eggert

„Denk ich an Deutschland…“

Heinz Eggert auf der Burg und Kloster Oybin
Wir feiern gerne den 3.Oktober als Feiertag, weil es da wirklich viel zu feiern gibt.
Dieses Jahr in Ulm.
Beste Feiertagsgrüße  Heiner und Ulrike Eggert

„Denk ich an Deutschland…“

DNN  03.10.2012

Chefredakteure haben es einfach. Manchmal jedenfalls.

Sie rufen jemanden an- mich z.B.-und sagen, dass sie sich freuen würden wenn ich als Gastautor etwas zum 3. Oktober schreiben würde.

Grundsätzlich: Ja! Aber was?

Dicke Bücher könnte man schreiben und käme trotzdem nicht ans Ende.

In der Ausgestaltung bist Du völlig frei, kommt die Antwort.

Allerdings haben wir ein Thema und das lautet: „Denk ich an Deutschland…“

In der Ausgestaltung bin ich frei und sofort im Denken gebunden.

 

„Denk ich an Deutschland…“ Bei dieser Zeile denke ich doch sofort den Text weiter und natürlich auch an Heinrich Heine. Von dessen Worten ich mich allerdings gerne binden lasse, weil sie mich in ihrer heiteren ironischen Art, zwischen denen oft die Schwermut aufblitzt, schon immer fesselten.

Andererseits; kaum ein Zitat wird wohl so oft benutzt wie die ersten zwei Zeilen aus dem Gedicht “Nachtgedanken”. Kaum gibt es etwas gegen Deutschland zu schreiben, wird dieses Zitat herangezogen, weil dann angeblich viele um den Schlaf gebracht sind.

Wenn sie es nur wären, dann wären sie glaubhafter.

Also versuche ich mich jetzt mit ein paar Denkstößen diesem Thema zu nähern.

 

„Denk ich an Deutschland..“

40 Jahre lang habe ich in einem Staat gelebt, in dem ich aus ideologischen Gründen nicht deutsch sondern „ DDR „sein sollte und kam dann 1990 in einen Staat, in dem viele -auch aus ideologischen Gründen- nicht deutsch sein wollten.

Bis 1986 konnte ich noch nicht einmal über die innerdeutsche Grenze träumen. Mir fehlte vom anderen Teil Deutschlands die reale Vorstellung.

Dann durfte ich für zehn Tage  die DDR verlassen und nach Trier fahren, um das erste Mal in meinem Leben meinen  Vater zu sehen. Nach 40 Jahren hatte ich ihn endlich gefunden. Ohne Vater wird man nicht erwachsen. Ich zumindest!

Ich fuhr das erste Mal, in meines Vaters- Land, am Rhein und an der Mosel entlang und erkannte die Landschaften wieder. Sie waren mir vertraut durch Dichtung, Malerei und Musik.

Es gab keine Fremdheit. Sie gehörten genauso zu mir wie Heinrich Heines „Deutschland ein Wintermärchen“ oder “Die Lorelei“, die ich jetzt das erste Mal sah oder meine Geburtsstadt Rostock und mein Wohnort Oybin.

Mein Heimatbegriff vergrößerte sich.

Deshalb: Ich lebe gerne in Deutschland, weil Deutschland meine Heimat ist.

Man muss nicht stolz darauf sein, aber froh.

Ich bin fest davon überzeugt, dass der Mensch eine Heimat haben muss, um keine Angst vor der Fremde oder vor Fremden zu haben. Wer verwurzelt ist, übersteht auch so manchen Sturm.

Ich kann  Heinrich Heines Sehnsucht nach Deutschland aus der Ferne verstehen.

Vielleicht sieht man aus der Ferne, mit dem notwendigen Abstand, manchmal schärfer und wird dabei etwas weiser.

Allerdings müssten wir Deutschen mit unserer ungeheuren Reiselust, dann zu den klügsten Völkern gehören. Gehören wir aber nicht. Man kann auch viel reisen und nichts begreifen.

 

Noch besser verstehen kann ich Heinrich Heine, wie sehr ihm ein repressives  politisches Regime, das trennende Grenzen zwischen den Menschen aufgerichtet hatte, zuwider war.

 

Nach Deutschland lechzt’ ich nicht so sehr,
Wenn nicht die Mutter dorten wär’;
Das Vaterland wird nie verderben,
Jedoch die alte Frau kann sterben.“

 

1986, in dieser Zeit des Gleichgewicht des Schreckens- wobei der Schrecken bei uns angesiedelt war- durfte ich meinen  Vater nur ein einziges Mal für zehn Tage sehen.

Da er schon sehr krank und nicht reisefähig war, haben  unsere vier Kinder ihren Großvater nie kennengelernt. Obwohl sie zur gleichen Zeit unter einem Himmel in Deutschland lebten.

Geteilter Himmel , geteiltes Land und verfluchte Grenze!

Wie viele ähnliche Geschichten waren mir oftmals unter Tränen erzählt worden.

Wie viele Tränen sind in diesen Jahren auf beiden Seiten der Grenze geweint worden.

Anfang der Achtzigerjahre war ich mit einer Frau, deren Mutter zur gleichen Zeit auf einem Hamburger Friedhof beerdigt wurde, auf den Oybiner Friedhof gegangen um der Mutter zu gedenken.  Vergeblich hatte die Tochter in den vorausgegangenen Monaten versucht, eine Reiseerlaubnis zu ihrer schwer erkrankten Mutter zu bekommen. Es war damals nicht nur die Ablehnung, die ihr so sehr zu schaffen machte. Es war auch die Art und Weise, wie sie auf diesem Amt behandelt wurde.

Als ihr die Reise zur schwerkranken Mutter abgelehnt wurde und sie fragte, was sie machen solle, wenn ihre Mutter sterbe, war die schnippische und kränkende Antwort der Genossin: „Dann erübrigt sich endlich  Ihr Reiseantrag.“

Gesetz ist Gesetz. Gar keine Frage. Aber muss ein unmenschliches Gesetz auch noch  durch ein unmenschliches Verhalten in seiner Wirkung verstärkt werden?

Die Grenzen sind gefallen. An der  freundlichen und menschlichen Behandlung auf den Ämtern wird weiter gearbeitet.

 

„Das Vaterland wird nie verderben! „

 

Ich habe Heinrich Heine diesen Satz nie geglaubt. Zumindest war ich mir sicher, die deutsche Einheit nicht zu erleben.

Deshalb freue ich mich über meinen Irrtum noch immer unbändig.

 

Ich kann auf Vieles verzichten, was ich mir heute aufgrund meines Gehaltes kaufen kann.

Genau betrachtet, ist es auch erstaunlich, was wir alle kaufen, ohne es wirklich zu brauchen.

Aber nicht verzichten möchte ich darauf, dass meine Kinder in der Schule ihre Meinung sagen können, ohne dass sie und wir befürchten müssen, dass sie dadurch später nicht auf die Oberschule kommen bzw. nicht mehr studieren dürfen.

 

Nicht noch einmal möchte ich erleben, dass junge Leute, die politische Witze reißen, sich dann für vier oder fünf Wochen in der Untersuchungshaft bei der Staatssicherheit wiederfinden, ohne dass ihre Eltern überhaupt benachrichtigt wurden, wo ihre Kinder sind. Und nicht noch einmal erleben möchte ich, dass Menschen, die nicht einverstanden sind, dass ihnen nur ein bestimmter Platz an Bewegungsfreiheit zugestanden wird, erschossen werden, wenn sie diesen Platz verlassen wollen.

 

Da der Prozess der Deutschen Einheit noch nicht abgeschlossen ist, ist es auch insgesamt in Deutschland einmal nötig über Demokratie nachzudenken. Und über Wohlstand – den manche so gern in Verbindung bringen mit diesem Wort Demokratie.

 

Es wäre verhängnisvoll, wenn die Menschen in Deutschland zu dem Entschluss kämen, dass die Demokratie nichts taugt, weil einzig ihr grenzenloses Wohlstandsbedürfnis nicht erfüllt werden kann.

Das Steigen des Bruttosozialproduktes, auf das wir ja alle schauen, obwohl kaum einer genau weiß, was es ist, ist kein demokratischer Grundwert.

Und wenn es auch ein Glück ist, in einem Land mit einer freiheitlich-demokratische Ordnung geboren zu sein, so muss man auch deutlich fragen, ob es für dieses Land noch ein Glück wäre, wenn alle Bürger und Bürgerinnen darin eine Selbstverständlichkeit sähen.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland brauchen wir  Zivilcourage und Rückgrat. Man sollte sich allerdings auch der Gefahr bewusst sein, dafür Nackenschläge einstecken zu müssen – weniger politischer Art, wohl aber im privaten und geschäftlichen Bereich.

 

Es gibt geschichtliche Ereignisse, auf die wir auch als Deutsche stolz sein dürfen.

Die friedliche Revolution, die dann zum 3. Oktober 1990 geführt hat, ist ein solches Ereignis. Dadurch ist Gesamtdeutschland wieder demokratisch  und für die Welt durchschaubarer und berechenbarer geworden.

Müssten wir  Deutschen nicht auch noch nach 22 Jahren Deutscher Einheit  Gott auf Knien danken?

Die Ostdeutschen, weil Gott sei Dank  der Honeckerspuk vorbei ist.

Die Westdeutschen und die Nachgeborenen, weil sie ihn nicht erleben mussten.

Und beide gemeinsam,  weil bei allen Schwierigkeiten, den  vorgefundenen und den selbstgemachten, vom Fakt der Deutschen Einheit auch nach 22 Jahren nur mit unbändiger Freude gesprochen werden kann, weil es – Gott sei Dank-so gekommen ist.

Und  weil kein Blut vergossen wurde.

Ich habe einen Freund in Polen, der hat mir 1989 gesagt: „Dir gönne ich ja die Deutsche Einheit, aber Euch gönne ich sie nicht. Ihr wart immer kommunistischer als wir und Ihr habt es wieder geschafft.“ Der zweite Satz war: „Wir Polen hätten 100 Jahre getrennt sein können, dann hätten wir gesagt, Polen gehören zu Polen, hoch lebe Polen.“

 

Er hat recht. Heinrich Heine auch.

 

„Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen
Und lächelt fort die deutschen Sorgen.“

 

Um die Sorgen kümmern wir uns morgen wieder.

Die bleiben uns erhalten.

Heute wird gefeiert!

 

Heinz Eggert

       Heinz Eggert

Wer die Wahl hat, hat die Qual- wer keine Wahl hat keine Alternative

Heinz Eggert

Unsere Entschluss stand fest: Wir gehen nicht zur Wahl.

Gemeint war die Volkskammerwahl am 14. November 1971.

Ich studierte damals in Rostock Theologie.

Mit unserer zweijährigen Tochter lebten wir auf einem mecklenburgischen Dorf in zwei beheizbaren Dachkammern. Wasser holten wir im Sommer aus einem Wasserhahn auf dem Dachboden, der allerdings im Winter abgestellt wurde.

So holten wir uns das Wasser dann aus dem Erdgeschoss.

Gasanschluss gab es nicht.

Gekocht wurde auf einem alten Feuerherd oder  einer Elektroplatte, bei  deren Gebrauch regelmäßig die Sicherungen aus dem Sicherungskasten flogen.

 

Aber das war nicht der Grund, nicht zur Wahl zu gehen.

Denn immerhin  ging es uns mit unseren Dachkammern  wohnungsmäßig noch besser als  anderen jungen Paaren, die wegen der Wohnungsnot, mit ihrem Ehepartner und ihrem Kind in einer Dreizimmerwohnung bei ihren Eltern und jüngeren  Geschwistern leben mussten.

Wir lebten von der  Unterstützung der Eltern, meinem Stipendium und von dem  Geld, das ich durch Nachtwachen im Krankenhaus oder dem kellnern  am Wochenende verdiente.

 

Und jetzt kam der Konflikt.

Meine Frau wollte wieder arbeiten, aber wir bekamen keinen Krippenplatz.

Unser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass Theologie kein volkswirtschaftlich nützliches Studium sein.

Dafür mussten für die kleinen Kinder aus Offiziersfamilien die Plätze reserviert bleiben.

Die Männer verdienten zwar ein  Vielfaches, von dem ,was ein Student verdiente, aber dafür waren sie volkswirtschaftlich nützlich.

So sprach die Staatspartei SED-und nur das war entscheidend.

 

Also gingen wir am 14. November 1971 nicht  in das Wahllokal um zu wählen.

 

Das brachte uns gegen 15:20 Uhr schon den Besuch von drei Wahlhelfern ein, die  uns aufforderten unserer sozialistischen Bürgerpflicht nachzukommen und zu wählen.

Wir erklären Ihnen unsere Gründe, die sie aber naturgemäß auch nicht überzeugen durften, denn sie sollten ja Druck aufbauen.

Meine Argumentation, dass  ein Staat, der  seiner sozialen Verantwortung nicht nachkomme für mich nicht wählbar sei, stieß  auf taube Ohren.

Dafür machten sie uns aber auf die Konsequenzen unserer Wahlverweigerung aufmerksam, ohne diese näher zu erläutern.

Die erläuterte mir zwei Tage später der Rektor der Theologischen Fakultät in Rostock, die schon am Montag von unserem unsozialistischen Verhalten informiert worden war.

Der Theologieprofessor erklärte mir, dass  ich jetzt endgültig den  politischen Bogen überspannt habe, man nichts mehr für mich tun könne und sie der Exmatrikulation wegen sozialistischen Fehlverhaltens zustimmen würden.

Mein Rauswurf stand unmittelbar bevor.

Vorher hatte ich aber noch einen Anhörungstermin beim Rektor der Universität Rostock, der naturgemäß Genosse der SED war.

Das Gesprächsergebnis war für mich überraschend.

Meine Wahlverweigerung könnte er nicht entschuldigen und tolerieren, auch wenn meine Beweggründe für ihn verständlich seien.

Deshalb beließe er es bei einem Verweis, ich dürfte aber weiter studieren.

Da verstehe einer die Welt. Der Theologieprofessor ließ mich im vorauseilenden Gehorsam schon fallen, während  der kommunistische Rektor versucht hatte mich zu verstehen  und mich weiter studieren ließ.

Ich hatte Glück gehabt.

Bei anderen ging es nicht so glimpflich aus. Wahlverweigerung in der DDR Diktatur brachte politische Schwierigkeiten mit sich und bremste berufliche Weiterentwicklung und Karrieren.

 

Dabei gab es eigentlich bei keiner Wahl etwas zu entscheiden.

Denn nicht einzelne Parteien standen zur Wahl, sondern der Einheitsvorschlag der Nationalen Front, der von den Kommunisten aufgestellt worden war.

Damit waren auch alle Abgeordneten-gleich welcher Partei- in ihrem Abstimmungsverhalten an die politischen Vorgaben der SED gebunden.

Wahlkabinen waren zwar vorhanden aber ihre  Benutzung wurde als Zeichen der Opposition zum System gewertet.

Deshalb nutze ich sie auch jedes Mal und strich akribisch jede Zeile des Wahlvorschlags mit meinem eigenen wasserfesten Stift durch.

Diese öffentliche Art der  Ablehnung war meine selbstgenommene Wahlfreiheit.

 

Alternativlos bleiben wir immer nur dann, wenn wir nicht selbst auf die Suche nach Alternativen gehen.

 

Natürlich wurde jeder Benutzer der Wahlkabine aufgeschrieben und  namentlich an die Partei und Staatssicherheit weitergegeben.

Diese  werteten  wiederum diese „unerhörten Vorkommnisse „mit den Betrieben der Betroffenen aus, die  dann ihre Maßnahmen trafen.

 

Ich gehe nicht wählen, sagte mir eine ältere Frau  aus Oybin, Ich gehe „falten“.

Sie meinte damit, in aller Öffentlichkeit den großen Wahlzettel zu falten und In die Wahlurne zu werfen. Das wurde als Bekenntnis zum Arbeiter-und-Bauern-Staat gesehen.

Aber, sagte ich – weil ich  ihre politische Einstellung kannte- In Ihrem Alter können Sie doch auch ehrlicherweise  die Kabine benutzen.

Sie lächelte. Nein, sagte sie ganz entschieden, die wollen betrogen werden, also betrügen wir sie.

Außerdem brauche ich immer noch den Reisepass um meine Enkel im Westen besuchen zu können, das  ist das alles nicht wert.

So dachten viele.

Ganz offensichtlich wurde so  auf beiden Seiten betrogen.

Viele  Wähler mit vorgetäuschter Loyalität , der Staat mit der Fälschung  der Wahlergebnisse .

Fast konstante Wahlbeteiligung bei 98 % und  meist 99,7 % für den Kandidaten der Nationalen Front.

Nur Nordkorea hat bis heute bessere Daten.

 

Geradezu genial war 1989, als wir die Staatsmacht der DDR beim Wort nahmen und  ihr bei der Kommunalwahl die Wahlfälschung nachweisen konnten.

Mit sehr viel Mut und persönlichem Einsatz.

Das war der Auslöser.

Es scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass die DDR –Diktatur gestürzt worden ist, weil wir freie Wahlen für ungeheuer wichtig hielten und nicht nur Stimmvieh für eine Diktatur sein wollten. Das war unter unserer –neu erwachten -Würde.

Auch deshalb gab es bei der ersten freien Volkskammerwahl am 18. März 1990 eine Wahlbeteiligung von 93 %.

Das war ein weitaus wichtigeres Zeichen als das Wahlergebnis selbst.

Das erste Mal nach langer, langer Zeit stand das Wahlergebnis nicht schon vorher fest und der Einzelne hatte das Gefühl, dass eine eigene Stimme wichtig ist und zählt.

 

Dieses Gefühl ist bei vielen verflogen.

Manche glauben, es kommt auf sie und ihre Meinung nicht mehr an.

Sie fühlen sich von der Politik nicht ernstgenommen.

Wobei in Wahlzeiten die einfallslosen Wahlplakate, die Verteilung von Kugelschreibern und Kondomen oder die „Drohung“ 5 Millionen Familien im Minutentakt zu besuchen, auch nicht den Eindruck verstärkt als Wähler besonders ernstgenommen zu werden.

 

Andere denken, es läuft auch ganz gut, ohne dass sie sich politisch einbringen müssten.

Das wäre nicht notwendig. Weil keine Not zu wenden ist?

Aber vielleicht sind wir auch  im demokratischen Alltag angekommen und nehmen vieles für selbstverständlich, was sich  eigentlich nicht von selbst versteht.

Es scheint, als ob sich die Gleichgültigkeit Bahn bricht.

Aber es ist nicht alles gleich gültig.

 

Wenn wir einmal über den deutschen Tellerrand in die Welt schauen, wo weiter „lustig „ Wahlen gefälscht werden oder Forderungen nach freien Wahlen im Blut erstickt oder die Menschen von Bomben im Wahllokal  zerrissen werden.

 

Auf der einen Seite steigt bei allen  Befragungen die Zufriedenheit der Deutschen mit der Demokratie (Im Osten 74 %/Im Westen 84 %) aber die Wahlbeteiligung sinkt.

Aber was ist denn die Demokratie dann noch wert, wenn Einige sich der wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten selbst berauben?

 

Natürlich verstehe ich den Ärger und den Frust, den der politische Tagesablauf manchmal auslöst.

Auch mir geht vieles zu  langsam in den politischen Entscheidungen.

Obwohl ich natürlich weiß, dass man für  politische Entscheidungen Mehrheiten benötigt und das Politik  ein schwerer Karren ist, den man nur mit größten Kraftanstrengungen langsam in bestimmte Richtungen bewegen  kann.

Trotzdem ärgern  mich vertane Chancen.

 

Es ist wie im einfachen Leben- auch in der Politik gibt es keine Perfektion.

 

Selbst wenn einige Staatsdarsteller uns das  immer wieder weismachen wollen.

Jeder, der  lange verheiratet ist ,weiß,  dass nur die tägliche  Kompromissbereitschaft Tragfähigkeit herstellt, solange die Kompromisse für fair verteilt sind.

 

Das habe ich  vor kurzem ein paar Jugendlichen gesagt, die überlegten ,ob sie überhaupt zur Wahl gehen sollen.

Meine Antwort war ziemlich klar.

Wenn junge Menschen nicht zur Wahl gehen, dürfen sie sich nicht wundern, dass die  Interessen der jungen Generation nicht hinreichend berücksichtigt werden.

Es gibt nun einmal unterschiedliche Interessen der Generationen.

Aber wenn sie zur Wahl gehen, müssen sie schon wissen was sie politisch wollen.

Das bedeutet Nachdenken und Vorbereitung.

Nullbock und Nulltarif gibt es da nicht.

Politische Prozesse sind kompliziert und Politik und Presse kommen oft ihrer eigentlichen Aufgabe nicht nach, diese so verstehbar zu machen, dass der Einzelne sie versteht und mitreden kann.

Demokratie lebt aber von Verstehbarkeit und Durchschaubarkeit.

Klar, habe ich den jungen Leuten gesagt, ist  ihre eigene Stimme nicht wahlentscheidend.

Es ist wie bei den ihnen vertrauten Flashmobs.

Auf einmal ist man erstaunt wie viele gehen und ähnlich denken und ähnlich entscheiden.

Sehr nachdenklich hat sie gemacht, dass  die Nichtwähler die Prozentmarke zum Einstieg in die Parlamente für alle Parteien senken.

Dass die NPD in Sachsen im Parlament sitzt, verdanken sie ihren Wählern und den Nichtwählern.

Ohne die Nichtwähler hätten sie es nicht  geschafft  über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen.

Von daher ist Wahlverweigerung nie ein  eindeutiger Protest.

Nur eine Verzerrung der politischen Realität.

 

Vielleicht sehen wir dann im Wahllokal, sagte einer der Jugendlichen und fügte grinsend hinzu, das könnte dann aber eine Stimme gegen Ihre Partei sein.

Ich grinste zurück: Aber eine Stimme mehr für wahrgenommene Demokratie!

 

Dann lachten wir – alle.

 Heinz Eggert

                    Staatsminister a.D

 

Präsident der Fernseh Akademie

Mitteldeutschland e.V.

 Academy for Television and Broadcasting Central Germany