Morgenpost Kolumne, 17. Februar 2013Närrische Zeiten
Die ausgelassene, bier –und weinselige Faschingszeit, in der man jede und jeden küssen und umarmen darf, ohne dabei in Sexismus Verdacht zu geraten, ist wieder vorbei.
Hoffentlich hat Brüderle sie genutzt.
Die Besetzung der Amtstuben durch die Narren hat ein Ende gefunden.
Angeblich sind die Narren wieder ausgezogen.
Aber ist deshalb die närrische Zeit vorbei?
Es war ohnehin schon sehr schwierig in diesen närrischen Tagen die ernst gemeinten politischen Statements aus den Karnevalsübertreibungen heraus zu filtern.
Im mittelalterlichen Europa feierte man in Kirchen, natürlich nicht offiziell, Narrenfeste.
Kirchliche Rituale wurden parodiert. Selbst ein Pseudopapst wurde gekürt.
Das musste man dieses Mal nicht.
Das erste Mal nach 700 Jahren trat der amtierende Papst selbst zurück.
Ich hielt es erst für eine Falschmeldung.
Umso mehr Respekt !
Wenn jeder von seinem Führungsposten zurücktreten würde, weil er dem Amt nicht mehr gewachsen ist oder im Wege steht, würden viele Stühle frei.
Nicht so freiwillig trat Anette Schavan zurück.
Befragt man fünf Wissenschaftler zu ihrer Doktorarbeit, bekommt man sechs Meinungen.
Wenn sie sich 1980 als überfleißiges Mädchen nicht an der Doktorarbeit versucht hätte, sondern kiffend und auf Polizisten Steine schmeißend durch die Gegend gelaufen wäre, hätte sie sogar Außenministerin werden und bleiben können.
So musste sie jetzt aus der politischen Klasse alle Statements von denen ertragen, die selbst über keine oder keine besonders vorzeigbare berufliche Qualifikation verfügen.
Was gabs noch ?
Ausgerechnet Claudia Roth übte mit dem iranischen Botschafter in München lässiges Händeabklatschen.
Natürlich politisch korrekt, wie sie hinterher betonte. Jetzt bekommt der Botschafter in seiner Heimat Probleme. Denn strenggläubige Muslime geben Frauen nicht die Hand. Man könnte sonst sexuelles Begehren wecken oder einen Seitensprung wollen.
Hoffen wir, dass Claudia das nicht gewollt hat.
Was gab es noch?
Da haben über 100 Persönlichkeiten gefordert, die 30 Stundenwoche einzuführen.
Denn man müsste nur die Arbeit besser verteilen. Als wenn Arbeit gleich Arbeit wäre.
Selbst Verdi Vertretern hat bei dieser Forderung geschauert.
Was noch?
Die neue Landesregierung in Niedersachsen will an den Schulen das Sitzenbleiben verbieten, und damit größere Bildungschancen für alle Schichten eröffnen.
Außerdem sei Sitzenbleiben zu teuer.
Was noch ?
Viel Asche am Mittwoch.
Fasching ist zwar vorbei. Aber die närrischen Zeiten sind es noch lange nicht.
Oder?
Heinz Eggert
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